Vogelgrippe (Avian Influenza) und ihre Bedeutung beim Menschen
Seit Oktober 2025 wird in Deutschland ein ausgeprägtes Ausbruchsgeschehen der Vogelgrippe (Avian Influenza) bei Wildvögeln beobachtet. In mehreren Fällen kam es auch zu Einschleppungen in Geflügelbetriebe, in denen die betroffenen Tierbestände vorsorglich gekeult wurden, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Für den Menschen besteht derzeit nur ein geringes Risiko, sich mit dem Virus zu infizieren.
Definition und Erreger
Die Vogelgrippe, auch als Avian Influenza bezeichnet, ist eine Infektionskrankheit, die überwiegend bei Vögeln vorkommt. Sie wird durch Influenza-A-Viren verursacht, deren natürliche Reservoirwirte insbesondere Wild- und Wasservögel sind. Für den Menschen sind diese Viren normalerweise ungefährlich. In seltenen Fällen kann jedoch eine Übertragung von infizierten Vögeln auf den Menschen erfolgen.
Eine Infektion des Menschen tritt in der Regel nach engem Kontakt mit erkrankten oder verendeten Vögeln auf – etwa in Geflügelhaltungen oder bei der Beseitigung toter Tiere und kontaminierter Materialien (z. B. Federn, Kot oder Oberflächen). Aus diesem Grund sollten kranke oder verendete Wildvögel grundsätzlich nicht angefasst werden. Die sachgemäße Entsorgung oder Versorgung solcher Tiere erfolgt durch das zuständige Veterinäramt oder die Feuerwehr. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch wurde bislang nur äußerst selten beobachtet.
Subtypen und ihre Bedeutung für den Menschen
Influenza-A-Viren werden anhand ihrer Oberflächenproteine Hämagglutinin (H) und Neuraminidase (N) in verschiedene Subtypen unterteilt (z. B. H5N1, H7N9). Bei Vögeln unterscheidet man zwischen:
- Hochpathogenen aviären Influenzaviren (HPAI): Verursachen schwere Erkrankungen und hohe Mortalität bei Geflügel.
- Niedrigpathogenen aviären Influenzaviren (LPAI): Führen meist zu milden oder asymptomatischen Infektionen.
Diese Klassifikation bezieht sich ausschließlich auf die Pathogenität bei Vögeln und erlaubt keine Rückschlüsse auf die Krankheitsverläufe beim Menschen.
Mehrere Subtypen aviärer Influenzaviren können auch Menschen infizieren. Der Subtyp A(H5N1) wurde erstmals 1996 identifiziert und verursacht bei Vögeln eine hohe Sterblichkeit. Er ist auch der derzeit in Deutschland vorherrschende Erreger. Infektionen mit H5N1 beim Menschen können zu schweren Krankheitsverläufen führen.
Ein weiterer wichtiger Subtyp ist A(H7N9), der 2013 erstmals in China nachgewiesen wurde. Auch dieser Virus-Typ kann beim Menschen schwere Infektionen hervorrufen.
In den vergangenen Jahren wurden in Europa wiederholt Ausbrüche bei Wild- und Nutzvögeln dokumentiert. Menschliche Infektionen sind jedoch weiterhin äußerst selten. In Deutschland wurde bislang kein Fall einer Vogelgrippe-Infektion beim Menschen bestätigt.
Infektionen bei anderen Säugetieren
Neben Vögeln können sich auch andere Säugetiere – insbesondere fleischfressende Wildtiere – mit A(H5N1) infizieren, wenn sie Kontakt zu infizierten Vögeln, Geflügel oder deren Ausscheidungen hatten. In Deutschland wurden im aktuellen Ausbruchsgeschehen bislang keine Übertragungen auf Säugetiere festgestellt.
In den USA hingegen traten seit 2024 mehrere Ausbrüche von Influenza A(H5N1) in Milchkuhherden auf. Dabei wurden auch Infektionen bei Beschäftigten in betroffenen Betrieben beschrieben.
Epidemiologische Situation und Bedeutung für die öffentliche Gesundheit
Seit 2003 wurden weltweit über 2.600 humane Erkrankungen und mehr als 1.100 Todesfälle im Zusammenhang mit aviären Influenzaviren an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gemeldet. Die meisten dieser Infektionen wurden durch die Subtypen A(H5N1) und A(H7N9) verursacht. Weitere, seltener nachgewiesene Subtypen beim Menschen sind unter anderem A(H5N6) und A(H9N2). Nahezu alle bekannten Fälle stehen im Zusammenhang mit engem Kontakt zu erkrankten oder verendeten Vögeln bzw. deren Produkten und Ausscheidungen.
Infektionen mit aviären Influenzaviren beim Menschen stellen weiterhin ein ernstzunehmendes zoonotisches Risiko dar. Obwohl die direkte Übertragung auf den Menschen selten ist, besteht die Gefahr einer genetischen Reassortierung zwischen aviären und humanen Influenzaviren. Eine solche Neukombination könnte zur Entstehung neuartiger, potenziell pandemischer Virusvarianten führen.
Die fortlaufende Überwachung, virologische Forschung und Risikobewertung sind entscheidend, um Veränderungen im zoonotischen Potenzial aviärer Influenzaviren frühzeitig zu erkennen. Nur durch ein koordiniertes Zusammenspiel von Veterinär- und Humanmedizin lassen sich wirksame Präventions- und Interventionsmaßnahmen entwickeln, um sowohl Tierbestände als auch die menschliche Gesundheit langfristig zu schützen.
Aus der Sicht von VIRAL NRW gefährden die saisonalen humanen Influenzaviren die Gesundheit der menschlichen Bevölkerung zum derzeitigen Zeitpunkt deutlich stärker als aviäre Influenzaviren. Der wirksamste Schutz gegen humane Influenzaviren ist eine Impfung, die VIRAL NRW entsprechend dem Rat der STIKO dringend empfiehlt.
Quellen und weiterführende Informationen
European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC):
Facts about avian influenza in humans.
WHO:
Avian Influenza Weekly Update Number 1019 vom 17 October 2025
Robert-Koch-Institut:
RKI zu humanen Erkrankungen mit aviärer Influenza
Friedrich-Löffler Instituts:
Tierseuchenmonitor des Friedrich Löffler Instituts